Joseph Haydn: Die Jahreszeiten

  • Mitwirkende: Sonja Gerlach
    Sung-Jin Kim
    Teru Yoshihara
    Universitätschor Karlsruhe
    Württembergische Philharmonie Reutlingen
    Nikolaus Indlekofer
  • Ort: Evangelische Stadtkirche Karlsruhe
  • Datum: 20.02.2000

Program

Nach dem überragenden Erfolg des Oratoriums Die Schöpfung bat man Haydn bald um ein neues Werk dieses Genres. Baron van Swieten, Kaiserlicher Bibliotheksdirektor, bot sich an, ihm ein Textbuch aus dem Englischen von James Thomson (1700-1748) zu übersetzen: einen Gedichtzyklus, der die "Jahreszeiten" aus der Sicht der Landbevölkerung beschrieb.

Doch die Zusammenarbeit mit van Swieten bei der Konzeption der Jahreszeiten wurde zum Alptraum für den fast siebzigjährigen Komponisten: "Die Jahreszeiten haben mir den Rest gegeben, ich hätte sie nicht schreiben sollen. Ganze Tage habe ich mit einer Stelle plagen müssen." Der Versuch van Swietens, Einfluss auf Haydns Kompositionsstil zu nehmen, indem er ihm platte tonmalerische Effekte empfahl, erzürnte Haydn. Van Swieten hatte die Verse Thomsons inhaltlich verändert - so lässt Thomson den Wanderer in der Kälte des Winters umkommen, während van Swieten ihn aus dem Freien in die Bauernstube zu Chor und Sologesang führt. Am Ende zieht er einen Vergleich zwischen den Jahreszeiten und den Lebensaltern des Menschen und beschwört die weihevolle Vision des Paradieses herauf, in dem allein die Tugend herrscht. Über die am Schluss des "Herbstes" stehende Chorfuge "Juhe, der Wein ist da!" mit Darstellung der Trunkenheit sagte Haydn: "Mein Kopf war so voll von dem tollen Zeuge: es lebe der Wein, es lebe das Fass! dass ich alles darunter und drüber gehen ließ; ich nenne daher die Schlussfuge die besoffene Fuge."

Musikalisch erscheinen die Jahreszeiten eher wie ein Zyklus von vier genrehaften, idyllischen Kantaten denn als durchgehendes Oratorium. Menschen und Natur einer niederösterreichischen Landschaft spiegeln sich in der Sicht des Pächters Simon (Bass), seiner Tochter Hanne (Sopran) und des jungen Bauern Lukas (Tenor), denen ein aus "Landvolk" und "Jägern" zusammengesetzter Chor gegenübersteht. Da sie einmal Naturbetrachter, dann wieder Mitspieler sind, verwischen sich die Grenzen zwischen dem epischen Oratorium und dem dramatischen Singspiel.

Der Frühling wird als Zeit der Saat, der Hoffnung und der von Lenzestrieben durchströmten Jugend geschildert. Naturalistische Tonmalereien bestimmen die Beschreibung eines Sommertages vom Weckruf des Hahnes über die Darstellung der drückenden Mittagshitze und eines Gewitters bis hin zur abendlichen Rückkehr der Herde in den Stall. Ein dreiteiliges Gemälde mit den Schwerpunkten von Ernte, Jagd und Weinlese zeigt die Freuden des Herbstes, und der mit Nebel und Dunkelheit sich ankündigende Winter malt die erstarrende Natur und berichtet vom Wanderer, der im tiefen Schnee die Orientierung verloren hat. In der warmen Stube erfährt er einen herzlichen Empfang, ehe die Idylle auf eine höhere, metaphysische Ebene rückt und die Hoffnung auf Ewigkeit über die Vergangenheit des Lebens triumphiert.

        

Mitwirkende